<h3>Michael Chalupka über Johannes den Täufer</h3>
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<p>Jeder sollte sie haben. Jetzt habe ich sie, die Jahreskarte für das Kunsthistorische Museum in Wien. Kaum habe ich sie geschenkt bekommen, habe ich mich auf den Weg gemacht, um Bilder Johannes des Täufers zu besuchen. Das KHM besitzt drei Gemälde, auf denen diese biblische Figur dargestellt ist. Zu meiner Enttäuschung waren sie nicht ausgestellt, sondern Johannes der Täufer muss in den Depots der Sammlung darauf warten, ans Licht geholt zu werden.</p>
<p>Das ist im Museum nicht anders als im Brauchtum der Adventzeit. Johannes der Täufer kommt nicht vor. Er ist ein wilder Geselle. Er fastet, isst wilde Heuschrecken, kleidet sich in einen Kamelhaarmantel. Er ruft in der Wüste dazu auf, umzukehren und die Welt auf den Kopf zu stellen. Er meint es ernst und ist die sperrigste unter den Figuren der Vorweihnachtszeit. Wohl deshalb ist er meine Lieblingsfigur, denn von ihm lerne ich, dass es den ganzen Menschen fordert, sich für die Rettung der Welt einzusetzen.</p>
<p>Die Erzählung von Johannes dem Täufer nimmt eine überraschende Wendung. Die erwartete Revolution kommt anders als gedacht. Gott selbst wird zum Kind, kommt als Mensch in die Welt. Gott kommt nicht als allmächtiger Herrscher, als tobender Rächer, sondern als Mensch unter Menschen, als Mensch ohne alle Gewalt. Doch das ist eine andere Geschichte, sie wird zu Weihnachten erzählt. Im Advent wird vom wilden Gesellen Johannes dem Täufer berichtet.</p>