Aufbruch und Umbau – jetzt!

„Parlament“ der Evangelischen in Wien tagte am 18. November

20. Nov 2023

von Martina Schomaker

Die Weichen für das Jahr 2024 stellten die rund 80 Delegierten aus den Pfarrgemeinden und Arbeitsbereichen der Evangelischen Kirche A.B. in Wien (Foto: Gratzer)

Klare Wort fand Superintendent Matthias Geist am Samstag, 18. November, vor den rund 80 Delegierten aus den verschiedenen Arbeitsbereichen und 21 Pfarrgemeinden der Evangelischen Kirche A.B. in Wien. Jetzt sei die Zeit, klar und radikal zu denken – und zu handeln. Jetzt sei nicht die Zeit, sich mit kleinsten Adaptierungen zufrieden zu geben.

Inflation, sinkende Mitgliederzahlen und starre, überholte Strukturen sind die Probleme der Zeit für die Evangelische Kirche, das wurde deutlich auf der „Superintendentialversammlung“, die im Evangelischen Gymnasium in Simmering von 9 bis 17 Uhr stattfand.

Exnovation – vom Loslassen

„Es gab eine Zeit, zu der 116.000 Wiener:innen evangelisch waren – mit 9 Gemeinden. Damals gab es 374 Gemeindevertreter:innen. – Heute haben wir knapp 40.000 Evangelische in Wien – in 21 Pfarrgemeinden und tätig sind insgesamt 545 Gemeindevertreter:innen“, sagte Superintendent Geist und machte deutlich, in welchen überbordenden und selbst auferlegten Strukturen sich die Kirche derzeit befindet.

„Damit wir am Ziel eines gemeinsamen ‚Evangelischen Wien‘ arbeiten können, benötigen wir erstens nicht ‚mehr‘, also nicht nur Innovation, sondern bestmögliche Abstimmung, Toleranz und Solidargemeinschaft. Patrick Todjeras nennt dies in einem Artikel ‚Exnovation‘ und meint damit Reduktion. Ein Loslassen als ‚eine Qualität von Nachhaltigskeitsinnovation‘.“ Für Geist ist klar, dass zum einen die Organisationsstrukturen der Evangelischen Kirche verschlankt werden müssen und zum anderen sich die Kirche mutig zur jüngeren Generation ausrichten muss. „Ich kenne 20-jährige, die ihren Kirchenbescheid-Aufruf sieben Wochen liegen lassen, weil das nicht ihre Sprache ist.“

„Oberstes Ziel“

Aufbruch und Umbau seien jetzt nötig, so der Wiener Superintendent. „Ich trete entschieden ein für das, wofür ich 2018 angetreten bin und wörtlich gesagt habe: ‚Oberstes Ziel ist es für mich, dass wir als evangelische Gemeinschaft auf Menschen zugehen – lebendig, ehrlich, zeitgemäß und lebensnahe.“

Bischof Michael Chalupka

Den Aufbruch und Umbau griff Michael Chalupka in seinem Grußwort aus dem Oberkirchenrat auf. Nach einem ausführlichen Dank an alle Kirchenbeitragszahlenden sowie an die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräfte der Evangelischen Kirche, rief Chalupka dazu auf, trotz aller Sorge um die Kirche, mutig evangelisch zu sein. Denn: nicht auf die zahlenmäßige Größe käme es an. „Wir sind eine lebendige Kirche. Stellen wir unser Licht nicht unter den Scheffel! – Wir sind am Scheideweg, aber wir haben alle Karten in der Hand. Lassen Sie uns mutige Schritte wagen.“

Oder mit den Worten Martin Luthers aus dem Großen Katechismus: „Wir müssen Anfechtung erleiden, ja sogar darin stecken. Aber dafür bitten wir, dass wir nicht hineinfallen und darin ersaufen. Darum ist es etwas ganz anderes, Anfechtung zu fühlen, als in sie einzuwilligen oder Ja dazu zu sagen.“

Kein Pfarrer, keine Pfarrerin muss um ihren Job fürchten

Auf Nachfrage angesichts der schlechter werdenden wirtschaftlichen Lage der Kirche betonte der Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich: Kein Pfarrer, keine Pfarrerin müsse Angst um ihre oder seine Anstellung haben. „Auch die Theologiestudierenden, die sich fürs Pfarramt entscheiden, werden angestellt werden. Keine Sorge!“

Klare Faktenlage und Weichen für die Zukunft

So eingestimmt mit einer klaren Faktenlage und ermutigenden Worten, stellten die Delegierten die Weichen für das Jahr 2024 mit Themen wie:

DSVK (Pfarrstellenplan und Diözesanes Stellenverteilungskonzept)
Budget 2024
Energy WITH Spirit (https://energywithspirit.at/)
Sommerkinderbetreung der Evangelischen Jugend (https://www.ejwien.at/sommerfreizeiten/ej-wien-sommerfreizeiten/)
Regionale Entwicklung der Pfarrgemeinden