Aufstehn! - 550 Jugendliche beim Friedenstag in Wien

Die Schulveranstaltung der "etwas anderen Art"

 
von Martina Schomaker
Zum Friedenstag kamen rund 550 Jugendliche in die Auferstehungskirche im 7. Bezirk.
Zum Friedenstag kamen rund 550 Jugendliche in die Auferstehungskirche im 7. Bezirk.

Es muss nicht die große Mobilmachung sein. „Aufstehn“ kann jede und jeder im Kleinen, im Alltag. Um solch Aufstehen für ein offenes, respektvolles und friedliches Miteinander drehte sich am Mittwoch, 5. Dezember, der Friedenstag, zu dem rund 550 Jugendliche in die Auferstehungskirche im 7. Bezirk kamen.

In der „etwas anderen Schulveranstaltung“ für evangelische Schülerinnen und Schüler ab der 9. Schulstufe stimmte Schauspieler Philipp Reichel die Teilnehmenden ins Thema ein: „Wer ist heute Morgen gut aus dem Bett gekommen? Bitte mal aufstehen!“ –  „Wer hat heute schon einem Fremden geholfen? Bitte mal aufstehen!“ – „Stellt euch vor, es kommt Polizei und Militär mit Waffen auf euch gerichtet herein und führen euch reihenweise ab, weil ihr evangelisch seid, beziehungsweise diese heutige evangelische Veranstaltung besucht. Wer würde aufstehen und protestieren?“

Wie schwierig es sein kann, aufzustehen – und welche kleinen und großen Möglichkeiten es trotzdem geben kann, um für ein besseres Miteinander auf- und einzustehen, das erlebten die Jugendlichen in den verschiedenen Workshops, die an dem Vormittag zur Auswahl standen:

  • Sie lauschten dem berührenden Schicksal von Helga Feldner-Busztin, die mit 14 nach Theresienstadt und dann in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert wurde.
  • Sie gingen Klischees und eigenen Vorurteilen auf den Grund im Gespräch mit jüdischen Jugendlichen des Dialogprojekts „LIKRAT“ oder mit Schülerinnen und Schülern der islamischen Fachschule im „Orient Café McFriends“.
  • Sie schauten hinter die Kulissen eines Lebens in Obdachlosigkeit im Gespräch mit einem ehemaligen Obdachlosen oder hinter die Kulissen des Alltags in Ghana (Afrika), erzählt von Jan Zozin, der als Volontär von Oktober 2017 bis Juni 2018 in Ghana gelebt hat.
  • Sie warfen einen Blick in die Zukunft mit dem Film „Life Guidance“, der in einem perfektionierten Kapitalismus die Selbst-Optimierung des Menschen und die zunehmende Vernichtung der Individualität veranschaulichte. Spannend war auch das Film-Nachgespräch mit der Regisseurin Ruth Mader.
  • Sie wollten mehr wissen über „Sex and Drugs“ – im Sex-Mythen-Quiz mit einem Sexualpädagogen-Team oder im Gespräch mit dem Gewalt- und Suchtexperten Christian Doneis von der Wiener Kriminalpolizei.
  • Sie tankten Energie und „Multi-Kulti-Spirit“ beim Trommeln, indem sie erlebten, dass der aus allen Trommelschlägen entstehende Rhythmus mehr ist als die Summe der einzelnen Töne.

 

Die Quintessenz aus den Workshops brachten zum Abschluss Schülerinnen und Schüler des Goethe-Gymnasiums auf den Punkt. „Schaut euch um. Die Kirche ist voll. Wenn wir zusammen aufstehen, sind wir viele und können leichter etwas bewegen“, ermutigten auch die Hauptverantwortlichen des Organisationsteams, Religionslehrerin Romana Schusser und Diözesanjugendreferent Josef Fessler .

 

Hintergrund: Seit 1988 findet der Evangelische Friedenstag jährlich statt, der von der Evangelischen Jugend Wien und der ARGE Evangelische Religionslehrer*innen an AHS/BMHS organisiert wird. Die Evangelische Jugend Wien und das Evangelische Schulamt Wien sind sich sicher: Workshops, Gespräche mit Zeitzeugen, Diskussionen, Spielerisches, Meditatives und gemeinsames Feiern sind wichtige Beiträge zur Gewaltprävention und zur gerechten, zukunftsfähigen Gestaltung der Gesellschaft durch die Jugendlichen.

Text und Fotos: Martina Schomaker

 

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