Chalupka: Schutz und Nächstenliebe in Pandemie im Vordergrund

 
von Evangelischer Pressedienst

Bischof fordert deutlichere Übernahme der Verantwortung durch Politik

Wien (epdÖ) – In einem Interview mit der Austria Presse Agentur (APA) vor dem Jahreswechsel hat der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka „Schutz und Nächstenliebe“ als zentrale Aufgaben der Kirchen in der Pandemie benannt. Mit Blick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel sei der „Grundton die Hoffnung, nicht die Katastrophe“. Wie es mit dem Karfreitag weitergeht bleibe eine „offene Frage“.

In der Debatte um die Impfpflicht erwartet sich Chalupka im APA-Interview eine noch deutlichere Übernahme der Verantwortung der Regierung für Versäumnisse. Der neue Ton in der Regierung könnte auch in der Debatte um die Coronamaßnahmen nützlich werden. „Was mir noch fehlt ist, dass gerade die Bundesregierung deutlicher macht, wo das eigene Versagen gelegen ist“, sagt Chalupka. Eine noch klarere Übernahme der Verantwortung könnte das Vertrauen in die Politik wieder etwas herstellen, hofft der Bischof. Aber auch ein offizielles Gedenken für die Opfer der Pandemie sei noch ausständig: „Ich würde mir da schon auch ein Zeichen von den politischen Verantwortlichen wünschen.“

Die geplante Impfpflicht sei, so der lutherische Bischof, zu akzeptieren, diese könne aber „nur das äußerste Mittel“ und das auf begrenzte Zeit sein, da die Maßnahme einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstelle. Natürlich gebe es auch in den evangelischen Gemeinden Impfskeptiker. „Das sind wenige, die aber auch ernst zu nehmen sind und mit denen man auch den Dialog führt“, berichtet Chalupka. „In unser kirchlichen Arbeit geht es darum, dass der Schutz und die Nächstenliebe im Vordergrund stehen“, unterstreicht der Bischof. Zentral sei die moralische Verpflichtung, sich selbst und andere zu schützen.

Jahr der Schöpfung: “Grundton ist die Hoffnung, nicht die Katastrophe”

Auch das Vertrauen in die Wissenschaft muss laut Chalupka wieder hergestellt werden – wobei auch dabei die Politik in der Pflicht sei, die wissenschaftliche Erkenntnisse oft ignoriere, wie in der Asyl-Debatte – oder vor allem beim Klimawandel. Die Evangelische Kirche selbst hat in diesem Zusammenhang 2022 zum „Jahr der Schöpfung“ ausgerufen. Gearbeitet wird an einem Klimakonzept, „damit die Evangelische Kirche selbst auch Vorreiter bei der Klimaneutralität wird“, sagt der Bischof. In diesem Jahr gehe es um Bewusstseinsbildung ebenso wie um konkrete Aktionen. Aber: „Der Grundton ist immer am Schluss die Hoffnung und nicht die Katastrophe. Die Katastrophe motiviert auch nicht.“

Auch der Wandel im Leben der Evangelischen Kirche beschäftigt den Bischof weiterhin. So habe man den Erneuerungsprozess „Aus dem Evangelium leben“ gestartet, mit dem man in Zeiten zunehmender Säkularisierung geistliches Leben vor Ort stärken will. Eine Herausforderung dabei sei, wie man innovative Projekte in die vorhandenen Strukturen verstärkt einbinden kann. Chalupka: „Wir sind in einem sehr spannenden Übergang von einer Kirche, bei der man gewohnheitsmäßig Mitglied war, zu einer Kirche, die durchaus weniger Mitglieder hat, aber sich hin zu einer sehr bewussten Mitgliedschaft entwickelt.“

Karfreitag bleibt offene Frage

Die Regelung für den Karfreitag bleibe weiterhin eine “offene Frage”, bemerkt der Bischof in dem Interview. Kurz habe als erster Kanzler der Zweiten Republik keine Zeit für ein Gespräch mit der evangelischen Kirche gefunden. Chalupka: „Wir werden das weiter thematisieren. Denn die Republik hat sich dadurch die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit der leidvollen Geschichte der Evangelischen Kirche in Österreich genommen. Auch die Geschichte von Minderheiten machen ja das Ganze einer Republik aus.“ Es wäre wichtig, wenn es auch hier ein Signal gäbe, „dass die vier Prozent eben keine vernachlässigbare Größe sind, sondern durchaus auch zur Republik gehören“.

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