Das Christkind

 
von Evangelischer Pressedienst

Maria Katharina Moser über ein Geschenk an die Menschheit

Zwei Mal noch schlafen, dann kommt das Christkind. Tausende Kinder werden Briefe mit Wünschen schreiben und in den Spätnachmittagshimmel schauen, ob sie es vorbeifliegen sehen. Und tausende Eltern werden sich fragen, was sie sagen sollen, wenn ihr Kind fragt, ob es das Christkind denn wirklich gibt. So wie Carla, die ich unlängst bei einer Weihnachtsfeier kennengelernt habe. „Belüge ich mein Kind nicht, wenn ich ihm vom Christkind erzähle?“ fragt sie. Carla macht sich Sorgen, dass es das Vertrauen ihres Fünfjährigen erschüttern könnte, wenn er herausfindet, dass das Christkind, von dem ihm seine Mama erzählt hat, gar nicht gibt.

Ein Blick auf die Idee, die mit dem Christkind verbunden ist, kann helfen bei dieser Frage. Diese soll auf Martin Luther zurückgehen. Zu seiner Zeit war es Brauch, dass der Heilige Nikolaus die Kinder beschert. Die Reformatoren standen dem Heiligenkult ihrer Tage kritisch gegenüber. Die Heiligen, ihre Verehrung und ihre Anrufung als Mittler und Fürsprecher würden zwischen den Menschen und Christus stehen, meinten sie, und sie stellten Christus ganz ins Zentrum ihres Glaubens: solus Christus, allein Christus. Den Brauch, Kinder in der Weihnachtszeit zu bescheren, wollten sie jedoch nicht aufgeben (auch wenn vom Weihnachtskonsum, wie wir ihn heute kennen, keine Rede sein konnte, die meisten Menschen im Mittelalter waren bitterarm). Und so setzten die Reformatoren das Christkind an die Stelle des Nikolaus.

Das große Geschenk zu Weihnachten aber ist für Martin Luther das „Christkind“ selbst: Gott in Windeln gewickelt, das Kind in der Krippe, „das alle Welt erhält und trägt“, wie es im Lied „Vom Himmel hoch“, das aus Luthers Feder stammt, heißt. Das Christkind, das ist Christus als Geschenk an die Menschheit, als Gabe, die Gott umsonst gibt, die wir Menschen uns weder verdienen müssen noch können.

Über dieses Christkind sollten wir mit unseren Kindern sprechen. Vor allem dann, wenn die magische Phase zu Ende geht und Kinder zu fragen beginnen. Dann sollten Eltern nicht darauf beharren, dass es das Christkind wirklich gibt, erzählen, sie hätten es gesehen, oder versuchen, „Beweise“ wie den verschwundenen Brief zu liefern – was Eltern mitunter auch um jüngerer Geschwister willen tun. Was auch problematisch ist: das Christkind als Erziehungsmittel, die Drohung, dass das Christkind keine Geschenke bringt, wenn das Kind nicht brav ist. Denn das ist genau das Gegenteil der Weihnachtsbotschaft.

Die Frage ist weniger, ob es das Christkind gibt, sondern wer das Christkind ist: Gott, der uns beschenkt – auch, ja besonders dann, wenn wir es gar nicht verdienen. Und wir können für einander Christkind sein, wenn wir uns gegenseitig beschenken.

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