Der Tag danach

 
von Evangelischer Pressedienst

Julia Schnizlein über den „Post-Christmas-Blues“

Egal ob Weihnachts- oder Liebesfilme – sie enden fast immer mit dem großen Fest. Ein Finale unterm Christbaum oder vor dem Traualtar. Für den Tag danach interessiert sich kaum jemand. Vermutlich weil auf große Feste oft emotionale Tiefs folgen. Das berüchtigte schwarze Loch. Im Fall von Weihnachten nennt man es den „Post-Christmas-Blues“. Er trifft vor allem jene, die große Erwartungen ins Fest gelegt haben. Die im Akkord gebastelt, gebacken, gekocht, verpackt und geschmückt haben, in der Hoffnung, dass der Heilige Abend unvergesslich wird. Sie fühlen sich am Tag danach oft leer und ausgebrannt. Besonders, wenn sich die überhöhten Erwartungen nicht erfüllt haben.

Heuer könnte der „Post-Christmas-Blues“ sogar noch stärker ausfallen. Weil viele bewährte Ablenkungsmanöver nicht oder nur begrenzt möglich sind: Die Hüttengaudi, der Kurztrip ins benachbarte Ausland, die Vorbereitung auf die große Silvesterparty. Stattdessen sind wir heuer auf uns selbst zurückgeworfen und gezwungen, uns unseren Gefühlen zu stellen. Aber vielleicht liegt genau darin eine Chance!

Vielleicht können wir dem nachspüren, was den Advent und das Weihnachtsfest so besonders macht. Worin liegt der viel besungene „Zauber der Weihnachtszeit“ und was fehlt, wenn sie vorüber ist? Ist es die Freude darüber, anderen eine Freude zu bereiten? Das Bedürfnis, gebraucht zu werden? Ist es der Wunsch, der Familie nah zu sein? Die Sehnsucht nach gemeinsamem Erleben, das uns über unsere vier Wände hinaus verbindet? Ist es das Gefühl von Geborgenheit, das die vertrauten Lieder und Texte in Kirchen und Radio vermitteln? Oder ist es vielleicht einfach die Legitimation, einmal im Jahr die Kitsch-Leidenschaft auszuleben – zu schmücken und zu backen und zu kochen was das Zeug hält?

Was immer es ist, es muss mit dem 27. Dezember nicht vorbei sein. Nach alter Tradition endet die „weihnachtliche Zeit“ ohnehin erst mit Mariä Lichtmess, also am 2. Februar. Und nichts spricht dagegen, auf all diese Bedürfnisse auch während des restlichen Jahres einzugehen, soweit es die Pandemie eben zulässt. Denn Weihnachten wirkt fort. Gottes Menschwerdung bleibt nicht ohne Konsequenzen: „Weihnachten heißt nicht, dass alles so bleibt, wie es ist, sondern es heißt, dass alles so wird, wie es werden soll.“ (Andrea Schwarz)

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