Diakonie will „SING“ als Pilotprojekt für Pflegereform starten

 
von Evangelischer Pressedienst

„Autonomiebeitrag“ und mehr Wahlfreiheit bei Einsatz von Pflegegeld

Wien (epdÖ) – Anlässlich der Fachtagung der vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit und Pflege organisierten „Task Force Pflege“ am Dienstag, 20. Oktober, betont die Diakonie Österreich in einer Aussendung, dass es einen grundlegenden Umbau des Pflegesystems brauche, um wirklich von einer Reform sprechen zu können. Mit dem Konzept „SING – Seniorenarbeit innovativ gestalten“, das eine umfassende Neuorganisation der Pflege darstellt, wolle sie selbst dazu beitragen.

„Derzeit bestimmt das System das Angebot an Pflegedienstleistungen. Bei SING bestimmen die Menschen mit Pflegebedarf das Angebot“, erklärt Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. „Mit unserem neuen Dienstleistungs- und Finanzierungskonzept wird nicht nur die Autonomie der Pflegebedürftigen erhöht, auch die zu erwartende Steigerung der Kosten für die Pflege kann abgeflacht werden.“

Daniela Palk, Vorständin des Diakoniewerks und Co-Autorin des Konzepts betont: „Kernstück unseres Modells bleibt die Pflegegeldzahlung. Die BezieherInnen sollen aber künftig mehr Wahlfreiheit für den Einsatz der Mittel erhalten und bekommen in Form des sogenannten Autonomiebeitrags auch noch was draufgelegt, wenn sie mit einem Teil des Pflegegeldes individuelle Betreuungs- und Pflegedienstleistungen auswählen“.
Die Diakonie werbe bei der Politik darum, das Modell in einer Region als Pilotprojekt zu starten und wissenschaftlich zu begleiten.

2030 schon 39 Prozent mehr Menschen über 65

Der demografische Wandel mache eine Reform des Pflegesystems unabdingbar, so Moser. Bis 2030 werde die Zahl der Ein-Personen-Haushalte von Menschen über 65 Jahren um 39 Prozent steigen, der Bedarf an Fachkräften erhöhe sich um 24.000. Daher werde es bei der angestrebten Reform der Pflege „nicht reichen, da und dort die eine oder andere Lücke zu schließen“, argumentiert die Diakonie-Direktorin.

„Das künftige Pflegesystem muss den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden und dabei auch wirtschaftlich sein“, so Moser. Das aktuelle System basiere auf den beiden Säulen Pflegeheim oder mobile Pflege. Weil das Angebot dem Bedarf und den Bedürfnissen der Betroffenen nicht gerecht werde, bleibe oft nur das Heim als Lösung. Das sei „oft viel zu früh und diejenige Lösung, welche die Betroffenen nicht wollen und die volkswirtschaftlich die teuerste ist.“

PflegelotsInnen überlegen mit Betroffenen Schritte

Bei SING würden PflegegeldbezieherInnen einen Teil ihres Pflegegeldes in einen sachleistungsbezogenen „Autonomiebeitrag“ umwandeln und damit Dienstleistungen beziehen können, die ihnen ermöglichen würden, weiterhin zu Hause zu leben. Der andere Teil des Pflegegeldes bleibe zur persönlichen Verfügung. So genannte PflegelotsInnen überlegen mit den Betroffenen, wie sie leben wollen, welche Unterstützung sie dafür brauchen und welche Dienstleistungen es gibt. Darüber hinaus leiten die PflegelotsInnen den Bedarf ihrer KlientInnen an Sozialorganisationen weiter, die gefordert sind, passende Angebote zu entwickeln und bereit zu stellen. „Durch dieses System werden nicht mehr zentral normierte Angebote Jahre im Voraus geplant, sondern bedürfnisgerecht, schnell und innovativ soziale Dienstleistungen entwickelt – eng vernetzt mit Angehörigen und freiwilligen Engagierten“, meint Daniela Palk.

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