Kampelmühler: Schöpfungsverantwortung braucht soziale Verantwortung

 
von Evangelischer Pressedienst

Wiener Ringvorlesung „Klimagerechtigkeit und Religion“ schloss mit Podiumsdiskussion

Wien (epdÖ) – Zum Abschluss der Ringvorlesung „Klimagerechtigkeit und Religion“ der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien stellten sich am 23. Jänner kirchliche Umweltverantwortliche einer Podiumsdiskussion. Teilnehmer:innen waren die evangelische Umweltverantwortliche Andrea Kampelmühler, der katholische Umweltsprecher der Erzdiözese Wien, Markus Gerhartinger, Andin Berisha von der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ) sowie per Livestream Elma Šalo, muslimische Aktivistin und Trainerin für Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Moderiert wurde die Diskussion vom katholischen Theologen Johannes Pock, der zusammen mit dem Sozialethiker Alexander Filipovic für die Organisation der Ringvorlesung verantwortlich zeichnete.

Zwischen Schöpfungsverantwortung und sozialer Gerechtigkeit bestehe ein enger Zusammenhang, zeigte sich Kampelmühler überzeugt. Es brauche dabei mehr soziale Verantwortung. „Verteilungsgerechtigkeit, Gleichberechtigung oder ein faires Entgelt – das alles führt insgesamt zur Klimagerechtigkeit und zur Transformation, zu der wir gelangen müssen, damit es unserer Welt besser geht“, sagte Kampelmühler. Klimagerechtigkeit und Transformation seien der Wiener evangelischen Umweltbeauftragten zufolge „absolut notwendig“. „Die Bewahrung der Schöpfung ist ein Handlungsauftrag für die Kirchen und ein theologischer Auftrag für die kirchlichen Umweltbeauftragten“, erklärte Kampelmühler. Dieser leite sich aus zwei Bibelstellen ab: dem Schöpfungsauftrag im ersten Buch Mose und dem Psalm 119,19 („Ich bin ein Gast auf Erden“).

„Gott hat uns die Erde geschenkt, und wir haben aus dem Glauben heraus einen Auftrag“, ergänzte Gerhartinger. Die Frage sei, wie die Menschen mit diesem Geschenk umgehen. Dabei sei Solidarität im Klimabereich sehr wichtig. „Beim Umwelt- und Klimaschutz geht es um Bewusstseinsbildung und Vorbildwirkung, aber auch um ein konkretes Tun“, betonte Gerhartinger.

Kampelmühler unterstrich die von der evangelischen Kirche beschlossenen Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz wie ein Klimaschutzkonzept, die Klima-Kollekte und den Umstieg auf Ökostrom 2025. Von Pock nach kritischen Stimmen zu Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, bzw. „Gegenwind“ aus der eigenen Glaubensgemeinschaft gefragt, räumte Kampelmühler ein, dass auf Ebene der Pfarrgemeinden teilweise auch Zurückhaltung bei Klimaschutzmaßnahmen und Zweifel an der Umsetzungsmöglichkeit sowie den nötigen Ressourcen bestehe.

Mit Zweifel und kontroversen Stimmen zum Klimaschutz seien Šalo zufolge auch die katholischen und muslimischen Vertreter konfrontiert. Es sei allerdings „gut, bestimmte und unangenehme Fragen zu stellen und zu provozieren“ sowie Gedankenanstöße zu bringen, hob Šalo hervor. Eine Herausforderung seien manchmal Gespräche über Umwelt- und Klimaschutz mit Jugendlichen, sagte Berisha. „Wir brauchen sehr spezielle Wege, um eine Praxis zu schaffen, die für die jungen Menschen realitätsnah ist“, so Berisha. Als Beispiel für eine solche Praxis nannte Berisha das Projekt „Fasten – teilen – helfen“. Dabei engagieren sich Jugendliche österreichweit den ganzen Ramadan lang sozial und lernen so, ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nachzukommen. Auch im interreligiösen Zusammenwirken ließen sich Maßnahmen für Nachhaltigkeit und Klimaschutz gut umsetzen.

Ein Semester lang hatte sich die Ringvorlesung mit der Klimakrise im Allgemeinen und der Verantwortung der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Speziellen auseinandergesetzt. Zu Wort kamen dabei namhafte Expertinnen und Experten. Die Themenpalette der Vorträge reichte von der Schöpfungstheologie und einer neuen Sicht auf den Menschen innerhalb dieser Schöpfung („Ende des Anthropozäns“) über tierethische Fragestellungen bis hin zur Analyse des Phänomens „Apokalyptik“, mit dem Szenarien der Klimakrise oft beschrieben werden.

Die Ringvorlesung sollte einerseits die grundsätzlichen Zugänge von Religionen zur Frage von Klimagerechtigkeit und Schöpfungsverantwortung aufzeigen. Andererseits sollte durch das Einbeziehen von Vertreter:innen der Religionen sowohl aus dem Verantwortungsbereich, wie auch aus den operativen Stellen die Aufmerksamkeit für den konkreten Beitrag der Religionen geweckt werden. Die Ringvorlesung bestand aus einem Eröffnungs- und einem Schlusspodium mit mehreren Diskutant:innen sowie aus 10 Vorträgen von Wissenschaftler:innen unterschiedlicher theologischer und religionsbezogener Fächer. Bei jeder Veranstaltung der Ringvorlesung, die per Livestream auch im Internet zugänglich war, wurde auch die Möglichkeit zur Diskussion mit den Vortragenden gegeben.

Weitere Artikel

Nach Oben