Körtner: „Evangelische Publizistik muss unerschrocken sein“

 
von Evangelischer Pressedienst

Wiener Theologe bei Tagung in Tutzing: Eigenständige evangelische Publizistik als „innere Konsequenz des Evangeliums der Freiheit“

Tutzing/Wien (epdÖ) – „Für eine Kirche, die sich als Kirche der Freiheit versteht, ist und bleibt evangelische Publizistik ein Bewährungsfeld für ihr Verständnis kommunikativer Freiheit, das im Evangelium der Freiheit gründet und sich in seiner Kommunikation realisiert.“ Das erklärte der Wiener Universitätsprofessor Ulrich Körtner am 28. Februar bei einer Tagung mit dem Titel „Evangelische Publizistik – wohin?“ in der Evangelischen Akademie Tutzing am Starnberger See bei München. Der Ordinarius für Systematische Theologie sprach bei der Tagung zum Thema: „Evangelium der Freiheit und kirchliche Medienarbeit.“

Körtner verwies auf einen Vers des Apostels Paulus im Galaterbrief, wo es heißt: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit.“ Freiheit sei Inhalt und Gegenstand des Evangeliums, attestierte der evangelisch-reformierte Theologe. Die Kommunikation dieser Botschaft sei nach christlicher Überzeugung auch deren Realisierung. „Sie informiert nicht über Freiheit, sondern spricht Freiheit zu, und im Akt ihrer Rezeption – das neutestamentliche Wort dafür ist Glaube (gr.: πίστις „pistis“) – wird diese Freiheit realisiert.“ Wo Kommunikation des Evangeliums im christlichen Sinne gelinge, „sind Form und Inhalt kongenial“.

Freiheitsfördernd oder freiheitshemmend?

Wie freiheitsfördernd oder freiheitshemmend kirchliche Medien sind, zeige sich laut Körtner konkret in ihrer Praxis der Presse- und Meinungsfreiheit, der journalistischen Sorgfaltspflicht, aber auch den Freiräumen, die Redaktionen und Verlagen von den Kirchen eingeräumt werden. Damit verbunden seien Fragen wie etwa „Wie breit ist der Spielraum für divergierende Positionen? Wie kritisch ist evangelische oder auch katholische Publizistik gegenüber der eigenen Kirche?“ Eine eigenständige evangelische Publizistik, die auch gegenüber der Kirche eine kritische Funktion ausübe, „ist nach meinem Dafürhalten eine innere Konsequenz des Evangeliums der Freiheit“, hob Körtner hervor.

Evangelische Publizistik sei nicht mit kirchenamtlicher Pressearbeit zu verwechseln, betonte der evangelische Theologe. Unerschrockenheit sei für sie unerlässlich, „auch gegenüber Kirchenleitungen“. Grundlegende Tugenden einer vom Evangelium der Freiheit geleiteten Medienarbeit seien Wahrheitsliebe, Kritikfähigkeit und Freimut. Evangelische Publizistik stärke im besten Fall das Priestertum aller Getauften, wenn sie die Meinungsbildung der Kirchenmitglieder über Entwicklungen und Themen in Kirche und Gesellschaft fördere, sagte Körtner. Zugleich erfülle sie aber auch „eine unverzichtbare Aufgabe für die zunehmend säkulare Gesellschaft“, in der das Wissen über Religion, Christentum und Kirchen schwinde. Wie in der modernen demokratischen Gesellschaft, wo man von den Medien als vierter Gewalt spricht, spiele seines Erachtens die evangelische Publizistik in der Kirche eine vergleichbare Rolle.

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