Sozialexperte Schenk: „Welt-Unsicherheiten lasten auf den Kinderseelen“

 
von Evangelischer Pressedienst

Diakonie fordert, Therapielücke zu schließen

Wien (epdÖ) – Krieg, Teuerung, Armut, Klima, Pandemie. „Diese Welt-Unsicherheiten drücken ganz schön auf die Seele: Angstsymptome, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen sind auf dem Höchststand“, sagt der Psychologe und Sozialexperte der Diakonie Martin Schenk in einer aktuellen Aussendung. Die meisten jungen Leute könnten das gut bewältigen, andere aber seien verletzlicher, chronischem Druck und Enge ausgesetzt, hätten weniger Reserven. „Beengtes Wohnen und geringes Einkommen zu Hause verschärfen die Situation.“ Dass ein Teil der Kinder und Jugendlichen massiv unter Druck sei „merken wir am Krisentelefon, in den mobilen Therapien, Jugendnotschlafstellen oder Wohngemeinschaften“.

Therapielücke schließen

Kinder bräuchten Hilfe, wenn sie mit ihrem Alltag und sich selbst nicht mehr zu Recht kommen. „Dazu müssen Umfang und Zugang zu kassenfinanzierter Therapie verbessert, Therapieangebote und psychosoziale Notdienste außerhalb der Ballungszentren ausgebaut werden“, unterstreicht die Diakonie und fordert „die Therapielücke zu schließen“. „Die aktuell laufenden Projekte des Bundes haben ein Ablaufdatum“, so Schenk. Im Gesundheitssystem und in der Prävention gebe es große Herausforderungen und Lücken – gerade für Kinder, die krank und sozial benachteiligt sind.

Psychotherapie und psychologische Behandlung sind als Leistung der Gesundheitskassa anerkannt. Leistbare kassenfinanzierte Plätze seien aber Mangelware, der Selbstbehalt zu hoch. Diejenigen, die das Angebot am meisten bräuchten, sind diejenigen, die es sich am wenigsten leisten können, kritisiert die Diakonie. „Beispielsweise ein Gesetz für psychologische Behandlung zu beschließen, ohne es auch für die ärmsten Patient:innen leistbar zu machen, ist wie eine Wohnung anzubieten, aber den Schlüssel dafür nicht auszuhändigen“, bringt es Schenk auf den Punkt. „Der Schlüssel wäre eine ordentliche Finanzierung, die den Zugang für jeden sichert – egal ob arm oder reich. Und egal wo: im niedergelassenen Bereich, der Primärversorgung, in regionalen integrierten Therapiezentren oder mobilen Teams.“

Herausforderung, „Drei in Eins“ zu setzen

Der Finanzminister solle die versprochenen Budgetmittel dafür freigeben, fordert die Diakonie. Angesichts der psychosozialen Probleme seien das nicht nur Kosten, sondern vielmehr wirksame Investitionen in die Gesundheit. Die Versorgungslücke liege bei der Leistbarkeit, aber auch bei den langen Wartezeiten und der Mangelversorgung in ländlichen Regionen. „Es geht also um kassenfinanzierte Behandlung, um bessere regionale Versorgung und um diversere Formen der Angebote wie regionale Therapiezentren oder mobile Teams“, heißt es in der aktuellen Aussendung.

Die Herausforderung bestehe darin, „Drei in Eins“ zu setzen: Erstens Gesundheit und Soziales zusammenzudenken mit Krankenhaus, Sozialberatung, Kindergarten, Wohnsituation etc. Zweitens: Multiprofessionell und fächerübergreifend zu handeln mit Ärzt:innen, Psycholog:innen, Therapeut:innen und Sozialarbeit. Drittens: Sozialraumorientiert im Grätzel, im Straßenzug, in der Gemeinde zu agieren.

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