Das Leid übertönen

 
von Evangelischer Pressedienst

Michael Chalupka über den politischen Lärm in einer Zeit der Besinnung

Der Bayerische Bauernbund hat den Politischen Aschermittwoch erfunden. Das Jahr 1919 gilt als das eigentliche Geburtsjahr. Der Brauch, gerade am Aschermittwoch politische Reden in Bierzelten zu schwingen, wurde im Laufe der Zeit auch von anderen in Deutschland übernommen. In Österreich hat damit Jörg Haider 1992 begonnen, und nun wird der Aschermittwoch munter für politische Veranstaltungen genutzt, als ob dieser Tag für nichts anderes gemacht wäre.

Was aber ist der Aschermittwoch? Mit dem Aschermittwoch beginnt die Passionszeit. Christinnen und Christen erinnern sich in den rund sieben Wochen vor Ostern an die Leidensgeschichte Jesu: die Verurteilung, den Verrat und die Kreuzigung. Wie passt das zusammen? Auf den ersten Blick gar nicht. Mit dem Aschermittwoch beginnt eine Zeit der Besinnung, des Fastens und der Stille, das passt nicht zum Krach des Politischen Aschermittwochs.

In der Passionszeit wird auch an das Leiden in der Welt gedacht. Davon gibt es genug, an den Kriegsschauplätzen, aber auch ganz nah, dort wo Menschen krank sind oder in Armut leben. Die Passionszeit lädt dazu ein, hinzuschauen und das Leiden nicht zu ignorieren. Doch das schmerzt. Es scheint leichter zu fallen, darüber hinweg zu krakeelen und den politischen Gegner in den Schmutz zu ziehen. Vielleicht gibt es deshalb den Lärm des Politischen Aschermittwochs, um die leisen Stimmen des Leids nicht hören zu müssen.

(Das Bild wurde unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0)

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