Gottes Musikant

Michael Chalupka über Josef Grünwidl und die Orgel
Der neue Erzbischof von Wien ist da. Einer, der allezeit spielend in der Lage ist, mit Gottes Gegenwart ins Gespräch zu kommen. Josef Grünwidl ist ja auch Organist. „Bei einer andächtigen Musik ist allezeit Gott mit seiner Gnaden-Gegenwart“, hat schon Johann Sebastian Bach gemeint. An der Orgel ist der ganze Mann gefordert. Die Orgel schlägt man nicht nur mit den Händen. An den Pedalen ist Beinarbeit gefordert. Ob der neue Erzbischof, wie einst Bach, entfernte Register mit einem Rohrstab im Mund bedienen kann, weiß ich nicht. Doch als Bischof muss man so manches Kunststück vollbringen.
Wer weiß, vielleicht wird in Zukunft um Mitternacht die Riesenorgel des Stephansdoms zu hören sein, wenn der Erzbischof Trost und Zuversicht in Gottes Gnaden-Gegenwart sucht.
Die Orgel spielen zu können, ist die beste Voraussetzung für das Bischofsamt. Soll doch der französische Bischof Baudri de Bourgueil schon um das Jahr 1120 folgendes gesagt haben: „Die Orgel ist in besonderem Maße zur Erbauung der Gemeinde geeignet, denn wie die Pfeifen von höchst unterschiedlicher Größe, Form und Klanggewalt sind, sie alle aber vom gleichen Spielwind angetrieben werden, um einen gemeinsamen Gesang hervorzubringen, so sollen sich auch die Christen – trotz all ihrer Verschiedenheiten – von dem einen Heiligen Geist inspirieren lassen und ein einheitliches Bekenntnis, einen gemeinsamen Lobpreis anstimmen.“