OÖ: Bischof und Superintendent unterstreichen gemeinsamen Auftrag

Lehner: Gedenken an Bauernkrieg wirft Frage nach Widerstand in der Gegenwart auf – Scheuer: Uns verbindet mehr als uns trennt
Grieskirchen (epdÖ) Was ist mir so heilig, dass ich auch mein Leben dafür einsetzen würde? Das Gedenken an den oberösterreichischen Bauernkrieg im 17. Jahrhundert werfe auch die Frage nach dem Widerstand in der Gegenwart auf, sagte der evangelische Superintendent Gerold Lehner bei einem Pressegespräch mit dem römisch-katholischen Diözesanbischof Manfred Scheuer am Freitag, 4. Juli, im Schloss Parz in Grieskirchen.
Vor 400 Jahren mussten 36 aufständische protestantische Bauern und Bürger aus Frankenburg um ihr Leben würfeln. Auf dieses Ereignis, das sich tief in das kollektive Gedächtnis gebrannt hat, folgte im heutigen Oberösterreich der Bauernkrieg von 1626, der sich gegen die Gegenreformation richtete und tausende Opfer forderte.
Die Zeit der wechselseitigen Verwerfungen und Dämonisierungen zwischen den Kirchen sei vorbei, seit den 1980er-Jahren würden diese Verwerfungen nicht mehr als kirchentrennend verstanden, bekräftigte Bischof Scheuer. „Heute verbindet uns mehr als uns trennt“, so der Bischof, beide Kirchen hätten die Aufgabe „Zeugen der Gerechtigkeit und der Wahrheit Christi“ zu sein. Ökumene bedeute auch, „einer trage des anderen Last“, ebensowenig freue sich „eine Kirche, wenn es der anderen schlechter geht“. Gemeinsam stehe die Frage des kirchlichen Lebens und des christlichen Zeugnisses in der Gesellschaft im Mittelpunkt, mitunter sei die Frage nach Einheit auch eine innerkirchliche Herausforderung.
Der Auftrag der Kirchen beinhalte auch, „der Gesellschaft zu sagen, was sie sich nicht selbst sagen kann“, meinte Superintendent Lehner. Mit der Minderheitensituation hat der evangelische Superintendent „kein Problem“, sie lege den Fokus auf die Frage „Was haben wir einzubringen, was andere nicht einbringen können?“ Es gehe um den „Beitrag für das Ganze“ und darum, das „gemeinsame Zeugnis vorzuleben“.
Beim umfangreichen Gedenken 2026, das in Oberösterreich geplant ist, wollen sich die Kirchen jedenfalls einbringen mit Schwerpunkten, „die zeigen, dass die Ökumene heute von den Themen Versöhnung, Einheit und dem Miteinander geprägt ist“, wie Lehner unterstrich. Ein Studientag am 18. April soll im nächsten Jahr in Kremsmünster die Bauernkriege in ihrer historischen Dimension und Gegenwartsrelevanz beleuchten, kündigte der Superintendent an. Dezentrale Programmpunkte sollen gleichzeitig Raum für Diskurs bieten.
Dass bei den Bauernkriegen soziale und wirtschaftliche Gründe aber auch religiöse Differenzen unterschiedliche Motivstränge bildeten, darauf wies Bischof Scheuer hin. Von katholischer Seite brauche es ein „Eingeständnis von Schuld, auch wenn Akteure damals politische Herren waren und sich der Kirche bedient haben“. Wenn auch über viele Jahre eine Erinnerungskultur vorgeherrscht habe, die den „leidenden, unterdrückten und verfolgten“ Protestantismus im Blick gehabt habe, sei heute eine „nüchternere Betrachtung“ bestimmend, erklärte Superintendent Lehner. Letztlich spiegele das historische Datum „Spannungen und Konflikte unserer Gesellschaft“ wider. Damals wie heute müsse die Frage gestellt werden: „Wieviel Diversität verträgt eine Gesellschaft?“ Die Opfer- und Tätergeschichte gehe ineinander, die „Situation der Ohnmacht der Bauern“ habe zu einer „Explosion der Gewalt“ geführt. „Das war kein Aufstand der Worte, sondern ein brutales Agieren auch auf protestantischer Seite“, sagte Lehner, „heute fragen wir, wie das mit den eigenen christlichen Wurzeln zu vereinbaren ist ohne zu verleugnen, dass diese Bauern zu unserer Geschichte dazugehören“.
Das Pressegespräch fand im Rahmen einer Pressereise statt, zu der kathpress und der Evangelische Pressedienst geladen hatten.