Ulrich Körtner feierlich aus akademischem Dienst verabschiedet

 
von Evangelischer Pressedienst

Dank für breites Wirken an der Universität und in den Kirchen

Wien (epdÖ) Nach 33 Jahren Tätigkeit am Lehrstuhl für Systematische Theologie H.B. an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien wurde Ulrich HJ. Körtner am Mittwoch, 25. Juni, feierlich aus seinem akademischen Dienst verabschiedet. Zahlreiche Weggefährt:innen und Vertreter:innen aus dem universitären Bereich sowie von den evangelischen Kirchen sprachen dem scheidenden Universitätsprofessor Dank aus und würdigten sein breites Wirken in der Lehre, in den Kirchen und als öffentlicher Theologe.

Ulrich Körtner sei ein Theologe, der „seine Theologie zur Diskussion stellt“, meinte die Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Uta Heil. Alle Medien bediene Körtner gekonnt, gleichzeitig verfüge er über eine „exorbitante“ Publikationsliste und sei als Wissenschafter mehrfach ausgezeichnet worden. Heil erinnerte etwa an den Titel „Wissenschafter des Jahres 2001“ oder an das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, mit dem die Republik Österreich den Theologen und Medizinethiker 2016 geehrt hatte.

Chalupka: Relevanz der Theologie in öffentlicher Debatte geschärft

Körtner habe die Relevanz der Theologie in der öffentlichen Debatte in Österreich und darüber hinaus geschärft, unterstrich der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka. Aufgrund einer kurzfristigen Erkrankung übermittelte Chalupka seine Dankesworte in einem Brief, den Oberkirchenrätin Ingrid Bachler bei der Feier in der Aula am Campus (Altes AKH) verlas. Neben seinem breiten wissenschaftlichen Wirken habe sich Körtner über 30 Jahre in den Synoden engagiert, „unzählige Resolutionen tragen Deine Handschrift oder Deinen Widerspruch in sich. Beides hat dazu geführt, dass diese Resolutionen noch wirkmächtig sind“, so der Bischof. Körtners Expertise habe „sachlich fundierte und theologisch profilierte“ Stellungnahmen etwa auch in Fragen der Biomedizin oder zum Sterbeverfügungsgesetz ermöglicht. Chalupka dankte auch für Körtners Engagement für die Diakonie, nicht nur etwa als Gründungsdirektor des Institutes für öffentliche Theologie und Ethik der Diakonie oder bei der Erstellung wichtiger Argumentarien, sondern auch ganz konkret für seinen Einsatz gemeinsam mit seiner Frau bei der konkreten Hilfe für Flüchtlinge.

Für sein Wirken in den Gemeinden der Evangelischen Kirche H.B. dankte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, als Pfarrer und Prediger ebenso wie in der Erwachsenenbildung, wo es Körtner gelinge, komplexe Themen vom hohen theologischen Level herunterzubrechen. Hennefeld würdigte den „streitbaren Theologen“ als „Mann der Ökumene“. Auch wenn „nicht immer dieselben Positionen geteilt“ wurden, „haben wir Deine profunde theologische Expertise bekommen und konnten damit rechnen, dass Du uns dort, wo wir einig waren, vollumfänglich unterstützt“. Körtner habe eine wichtige Brücke zwischen der Lehre auf der Fakultät und der Kirche gebildet, sein Beitrag hätte vieles – wie etwa das Symposion zu 450 Jahre Heidelberger Katechismus – erst ermöglicht.

Intensives Engagement für die Evangelischen Kirchen in Europa

Dass Körtners Wirken weit über Österreich hinausgeht, machte der Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), Mario Fischer, deutlich. Seit 2001 habe Körtner an allen Vollversammlungen mitgewirkt und sich intensiv in theologische und ethische Prozesse eingebracht. „Deine theologische Arbeit war ein wahrer Motor“, befand Fischer und überreichte Körtner als Zeichen des Dankes die „Jubiläumsmedaille“ der GEKE.

21 Jahre leitete Ulrich Körtner auch das Institut für Ethik und Recht in der Medizin (IERM). Dessen Leiter, Karl Stöger, sprach bei der Feier Körtners Fähigkeit an, eigenes Wissen zu teilen und verständlich zu machen. Gleichzeitig habe er die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen gefördert und wichtige Schnittstellen wischen Ethik und Recht in den Blick genommen. In Körtners Werk geht es um die „sehr produktive und konstruktive Weiterführung der Theologie Rudolf Bultmanns“, erklärte der Vorstand des Instituts für Systematische Theologie, Christian Danz. Er dankte für den „ökumenischen Geist“, den Körtner im Institut gelebt und in dem er 33 Jahre erfolgreich gewirkt habe. Körtner habe als Gründungsdirektor der Rudolf-Bultmann-Gesellschaft für Hermeneutische Theologie eine „wichtige Stimme gegeben und Standards im Diskurs gesetzt“, sagte der aktuelle Vorsitzende, Malte Dominik Krüger. Er dankte für Körtners „wissenschaftliches Interesse und hermeneutische Expertise“.

Zu Ehren des scheidenden Professors wurde auch eine Festschrift präsentiert. Unter dem Titel „Mapping The Fields 2.0“ bietet sie in 25 Beiträgen von Weggefährt:innen einen „bunten Blumenstrauß“, der die Fülle von Körtners Arbeitsbereichen widerspiegeln soll, wie Herausgeberin Marianne Grohmann gemeinsam mit Herausgeber Martin Fischer bei der Feier betonte. Annette Weidhas, Leiterin der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig, bei der die Festschrift erschienen ist, hat bereits 15 Titel mit Ulrich Körtner verantwortet. Sie zeigte sich beeindruckt von Körtners „Fähigkeit zu sehr anspruchsvoller theologischer Reflexion“ und seinem Können, „deren Ergebnisse allgemein verständlich“ zu kommunizieren.

Beim Kolloquium (v.l.).: Paula Neven Du Mont (Moderation), Jan-Heiner Tück, Marianne Grohmann, Paul-Gerhard Klumbies, Christiane Tietz und Ulrich Körtner. (Foto: epd/Uschmann)

Vorangestellt war der Abschiedsfeier ein Kolloquium zur vom großen evangelischen Theologen Rudolf Bultmann aufgeworfenen Frage, „Welchen Sinn hat es, von Gott zu reden?“ Marianne Grohmann (Evangelisch-Theologische Fakultät Wien), Paul-Gerhard Klumbies (Universität Kassel), Kirchenpräsidentin Christiane Tietz (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau) und Jan-Heiner Tück (Katholisch-Theologische Fakultät Wien) zeigten hier gemeinsam mit Körtner „Perspektiven theologischer Hermeneutik“ auf.

“Erinnerungsspur Gottes lebendig halten”

Die Gottesfrage scheine heute in Vergessenheit zu geraten, stattdessen gelte es, „die Erinnerungsspur Gottes lebendig zu halten“, nahm Marianne Grohmann ein früheres Zitat Körtners auf. In einer säkularer werdenden Welt sei es wichtig, „dass wir als Menschen erkennbarer werden, wenn wir davon sprechen, was uns ohne Glaube fehlen würde“, meinte Christiane Tietz. Dass es zwischen Gott und Mensch immer um eine relationale Beziehung gehe, hob Paul-Gerhard Klumbies hervor, „wir sind Redende und zugleich Hörende des Wortes Gottes“. Der katholische Theologe Jan-Heiner Tück zeigte sich fasziniert, dass Körtner sich immer „redlich um intellektuelle saktisfaktionsfähige Rede von Gott“ bemühe, die zugleich rückgebunden sei an seine akademische Praxis und Tätigkeit als „Seelsorger, Prediger und betender Mensch“. Der „Glaube an den Auferweckten“ zeige eine „Hoffnungsperspektive“ auf, so Tück, „dass am Ende eben unsere Verstehensbemühungen nicht im Ozean des Nichts einmünden sondern einen Verheißungshorizont haben“.

Körtner sprach beim Kolloquium von der „Brüchigkeit der Glaubenssprache“. Aus der „Glaubensnot“ resultiere eine „Sprachnot“. Kirchen hätten sich dieser Herausforderung zu stellen. „Was können wir beitragen, dass die Rede von Gott nicht gedankenlos daherkommt oder verstummt, sondern auch in ihrer Relevanz in die Gegenwart hineinsprechen kann?“, fragte der Theologe. Letztlich gehe es darum, nicht darüber zu sprechen, was „unbedingt notwendig“ wäre, sondern über das, was „Möglichkeiten schafft“, denn: „Die christliche Rede von Gott eröffnet einen Möglichkeitssinn“, ist Körtner überzeugt.

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