Cornelia Richter: Fröhlichkeit „aus einem Gottvertrauen heraus“
Die neue evangelisch-lutherische Bischöfin in Zeitungen und TV über Kirche, Gesellschaft und ihre Rolle als erste Frau in diesem Amt
Wien (epdÖ) – Die neue Bischöfin der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich, Cornelia Richter, hat sich in zahlreichen Medien zu Fragen über Kirche und Gesellschaft geäußert. Hier ein Auszug:
Als Studiogast in der ORF TV-Sendung „Wien heute“ vom 11. November ging Richter unter anderem auf aktuelle Herausforderungen ein. „Ich übernehme das Amt in einer sehr krisenhaften Zeit“, erklärte die Bischöfin im Gespräch mit Elisabeth Vogel. Viele Menschen würden von Sorgen umgetrieben, wie man mit den Bedrohungslagen – Kriege, Klimakrise – so umgehen könne, dass man noch zuversichtlich in den Alltag geht. Sie selbst sei ein fröhlicher Mensch, sagte Richter, „ich trage diese Fröhlichkeit in mir aus einem Gottvertrauen heraus“. So könne sie trotz aller Krisen „sehr zuversichtlich in diese Welt gehen“. Ihr liege viel daran, mit Menschen direkt ins Gespräch zu kommen und zu hören, was ihnen Sorgen bereite.
Die religiöse Vielfalt in Wien bezeichnet die Bischöfin als „großen Schatz“. Ein großes Potential liege darin, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, Sprache und religiöser Vorstellungen „gut zusammenleben wollen“. Die Kirchen, so Richter, leisten einen „aktiven Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben“, wo immer es gelinge, die friedlichen Kräfte in dieser Gesellschaft zusammenzubringen.
In „Oberösterreich heute“ am 12. November war Cornelia Richter ebenfalls zu Gast. Unter anderem wurde gefragt, ob es im Hinblick auf sinkende Mitgliederzahlen neue Formen der Spiritualität brauche. Das sei „ganz sicher“ so, antwortete die Bischöfin. Jahrhundertelang hätten die Kirchen darauf gewartet, dass die Menschen zu ihnen kommen. In dem Moment jedoch, wo sich die Gesellschaft so verändere, dass viele andere Anbieter – etwa in Sport und Kultur – Möglichkeiten bieten, müssten sich auch die Kirchen auf einem Markt der Konkurrenzsituation bewähren.
Im Interview mit Daniela Dahlke wurden auch christliche Influencer in Sozialen Medien thematisiert. Hier ortet Richter mitunter eine „Gefahr von Radikalisierung, weil es oft einhergeht mit schwarz-weiß scheinbaren Lösungen und schwarz-weiß-Verurteilungen“. Es sei für ganz klar, dass die Kirchen in diesem Bereich mehr Präsenz zeigen müssten „und auch werden“, ist die Bischöfin überzeugt.
Kirche mit „relevanter Aktionsfähigkeit“
In der Wochenzeitung „Die Furche“ (13. November) kam Richter im Interview mit Till Schönwälder auf die Situation der Evangelischen Kirche in Österreich zu sprechen. Anders als in Deutschland hätten Evangelische oft das Gefühl, eine Minderheit zu sein. „Das stimmt zahlenmäßig sicher auch, aber ich glaube, gerade wegen der geringen Größe hat die Evangelische Kirche den Vorteil, flexibel zu agieren und dadurch sehr wohl eine relevante Aktionsfähigkeit zu entwickeln“, unterstrich die Bischöfin. Außerdem habe sie die Evangelische Kirche in Österreich als fröhliche, „zupackende“ Kirche kennengelernt. Dieses fröhliche Engagement mit dem Selbstbewusstsein „Wir sind evangelisch“ wolle sie weiter fördern.
Im Hinblick auf die Ökumene betonte die Bischöfin, dass „von unserer Seite die Tür immer offen ist“, in Österreich brauche man einander. Sie freue sich, dass in Österreich eine Ökumene auf Augenhöhe gelebt werde, auch wenn auf der Ebene des Vatikans die vollständige Anerkennung der Evangelischen Kirchen als Kirche ausstehe. „Insgesamt würde ich sagen, dass so viel Kommunikation wie nur irgend möglich das Ziel sein sollte, und ich glaube, dass dahingehend auf einer Alltagsebene auch sehr viel möglich ist.“ Außerdem freue sie sich sehr auf das Gespräch mit dem neuen Erzbischof von Wien, Josef Grünwidl.
In den „Salzburger Nachrichten“ vom 13. November wurde Cornelia Richter unter anderem gefragt, was sie der Katholischen Kirche zum Thema Weiheämter für Frauen raten würde. Es gäbe keinen biblischen oder dogmatischen Grund, Frauen nicht zu ordinieren, erklärte Richter im Gespräch mit Alexander Purger. Es komme nur darauf an, wie man die Erzählung von der Stiftung der Kirche durch Christus lese, ergänzte die Bischöfin: „Ob primär auf Petrus bezogen, wie das die Katholiken tun, oder im weiteren Kontext von Matthäus 28,20, wie wir Evangelischen es tun.“ Dann richte sich der Taufbefehl („Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker, taufet sie …“) an den gesamten Jüngerkreis, aus dem die Gemeinde erwachse. Heute wisse man, dass Frauen im Kreis um Jesus wichtige verkündigende, kommunikative und organisatorische Funktionen hatten, „ohne die es das Christentum vielleicht gar nicht gegeben hätte“.
Ausführlich zur Rolle der Frau in der Kirche äußerte sich Richter auch in der ZIB 2 im Gespräch mit Marie-Claire Zimmermann. (siehe epdÖ-Meldung vom 15.11.)
In der „Krone Bunt“ (16. November) gab Cornelia Richter unter anderem Einblick in ihren Arbeitsalltag. Im Gespräch mit der Krone-Autorin, Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser, beschrieb sie die erste Woche als Bischöfin mit „intensiv, aber gelassen und fröhlich“. Nach mehr als 25 Jahren wieder nach Österreich zurückzukommen sei für sie „wunderschön“. In Zeiten voller Krisen und Konflikten komme der Evangelischen Kirche die Aufgabe zu „im Lichte des Evangeliums zu fragen: Wie geht es den Menschen? Wer wird gerade nicht gehört?“ Die Kirche wirke über das Wort. „Das heißt, mit Menschen sprechen, zuhören, da sein, Trost spenden“, so die Bischöfin.
Auf die Frage, wie der Arbeitstag einer Bischöfin ablaufe, verwies Richter auf viele Termine, Gespräche und Interviews. „An manchen Tagen bin ich hier im Kirchenamt, wenn wir im Team Maßnahmen der Kirche beraten“, so Richter. An anderen Tagen sei sie in den Gemeinden unterwegs. In der Früh und am Abend lese sie Akten, schreibe Briefe oder Predigten. „Zwischendurch gehe ich auch hinunter in die Kapelle und spreche ein Gebet. Sozusagen Beratung mit Gott.“ Bibelworte, die ihr Kraft geben, seien alle Bibelstellen mit dem Satz „Fürchte dich nicht!“
„Vielfalt als Stärke“
In der „Presse am Sonntag“ (16. November) fragte Dietmar Neuwirth die Bischöfin unter anderem, ob sie sich als eine Art Vorbild für andere christliche Kirchen sähe. „Ja, das ist sicher der Fall“, so die Antwort Richters. Alle Kirchen stünden mitten in der Gesellschaft und seien auch alle Teil von Modernisierungsprozessen, die es in der Gesellschaft gebe. „Auf evangelischer Seite gehen sehr, sehr viele Modernisierungsprozesse auf eine sehr selbstverständliche Weise in die Kirche ein“, sagte Richter.
Ob sie sich als einzige Frau unter männlichen Religionsvertretern und auch als Amtsträgerin einer sehr kleinen Kirche im katholischen Österreich manchmal ein wenig als Alien fühle? „Die Rolle, einzige Frau zu sein, die kenne ich“, antwortete Richter und verwies auf ihre Zeit als Dekanin in Deutschland, denn auch die Dogmatik sei kein Fach, „wo sich schon sehr viele Kolleginnen bereits etabliert hätten“. Die weltweiten Spaltungstendenzen in der Gesellschaft beobachtet Richter mit Sorge. Angesichts der Diversität in Werten, Haltungen und Lebensformen gelte es, „gemeinsam zu überlegen, wo sind demokratische Grundwerte, die nicht nur wir als Kirchen, sondern die viele in der Gesellschaft wichtig finden“.
„Zum Glück hatte ich Lehrerinnen und Lehrer, die der Meinung waren, dass man in der Theologie nicht nur alles denken darf, sondern muss. Ich habe den Reichtum des Christentums eigentlich erst darüber verstanden“, erzählt Cornelia Richter im Interview für die Zeitung „Die ganze WOCHE“ (19.11.) So erlebe sie auch die Evangelische Kirche in Österreich in einer großen Vielfalt mit unterschiedlichen Gemeinden, Frömmigkeitsformen und Zugängen. „Manche empfinden das als Spannungsfeld, ich sehe darin eine Stärke“, unterstrich die Bischöfin.
Auf die Frage, warum sie in einer Welt voller Krisen und Kriege immer noch an Gott glaube, antwortete die Bischöfin, weil die Bibel „kein Märchenbuch“ sei. Für jede Krise, jede Angst, jede Verzweiflung, also „jede menschliche Krisensituation“, sei in der Bibel ein Text zu finden. Für sie bedeute Glaube nicht, dass alles gut wird, sondern: „Auch wenn ich nicht weiß, wie es weitergeht, gehe ich nicht allein.“