Hilfswerke fordern Behandlung von Gaza im Ministerrat

Appell an Bundesregierung: alle Möglichkeiten für dauerhaften Waffenstillstand nutzen
Wien (epdÖ) – Den dringenden Einsatz für einen „sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand“ in Gaza haben vier dort tätige österreichische Hilfswerke von der Bundesregierung gefordert. Der Ministerrat müsse das Thema auf die Agenda setzen, um von österreichischer Seite alle denkbaren Maßnahmen – politisch, diplomatisch und wirtschaftlich – zu einer Beendigung des Krieges in die Wege zu leiten, forderten Diakonie, Caritas, Ärzte ohne Grenzen und SOS Kinderdorf am Mittwochvormittag (3. September) in einer gemeinsamen Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt in Wien. „Schweigen ist keine Option – die Politik muss jetzt handeln“, sagte Caritas-Vizepräsident Alexander Bodmann, der für konkrete Schritte ausreichend Rückhalt in der Gesellschaft sieht.
Die geforderten Punkte der Agenda, die die Organisationen in Form eines überdimensionalen Klemmbretts an die Bundesregierung übermittelten, umfassen unter anderem Maßnahmen gegen Hunger und einen sofortigen Stopp des „tödlichen Verteilsystems der Gaza Humanitarian Foundation“: Letzteres habe bereits über 2.000 Menschen bei der Suche nach Lebensmittelhilfe den Tod gekostet, unterstrich Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Auch die Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen müsse beendet werden.
„Menschen hungern. Von Tag zu Tag werden es mehr, berichten unsere Partnerorganisationen vor Ort“, so Moser weiter. Unabhängige humanitäre Organisationen stünden bereit und könnten wirksam helfen, doch „dafür braucht es einen dauerhaften Waffenstillstand“, fordert die Diakonie-Direktorin. Aktuell müsse man davon ausgehen, dass sich die Lage der Zivilbevölkerung aufgrund der Offensive auf Gaza-Stadt weiter verschlimmert. Moser: „Wie sollen Menschen, die schon jetzt hungern, inmitten noch heftigerer Kämpfe versorgt werden? Von einer Hungersnot geschwächte Menschen können unmöglich fliehen, es gibt auch keinen sicheren Ort in Gaza. Die Gewalt muss enden.“
Gesundheitseinrichtungen mit erheblichen Einschränkungen
Die Hilfswerke fordern auch den Schutz der Gesundheitseinrichtungen ein. Laura Leyser von Ärzte ohne Grenzen verwies darauf, dass derzeit nur noch 18 von 36 Krankenhäusern in Gaza überhaupt noch Patienten versorgen könnten, und auch dies nur mit erheblichen Einschränkungen, da es an Medikamenten, medizinischer Ausstattung und Energie für lebensrettende Geräte fehle. 15.600 Menschen würden derzeit laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO auf eine medizinische Evakuierung aus Gaza für eine meist lebensrettende Behandlung warten, darunter 4.500 Kinder.
„Österreich kann Leben retten, doch das braucht mehr als Worte. Die Bundesregierung muss endlich ins Handeln kommen“, so der besonders an Bundeskanzler Christian Stocker, Vizekanzler Andreas Babler und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger gerichtete Appell. Auch im bilateralen Bereich sowie in den Vereinten Nationen müsse Österreichs Stimme klar vernehmbar sein, auch damit das humanitäre Völkerrecht wieder gewahrt werde. Auch auf eine sofortige Freilassung der Geiseln und willkürlich Inhaftierten drängen die Organisationen in ihrem Aufruf.
Helferin schildert katastrophale Zustände
Erst vor kurzem hatte eine vor Ort in Gaza tätige Expertin einer Caritas-Partnerorganisation in einem Pressegespräch auf die verheerende Situation der Bevölkerung und der Helfer im nun schon seit fast zwei Jahren umkämpften Gebiet hingewiesen. Die Bodenoffensive zerstöre Infrastruktur und erschwere die Versorgung mit Nahrung, Wasser und Medikamenten massiv.
Auch bei erteilten Genehmigungen gebe es laut der Expertin massive Hürden: komplizierte Zollabwicklungen und ständig wechselnde Vorschriften blockierten Lieferungen. Viele Hilfsgüter blieben wochenlang in Ägypten oder Jordanien hängen. Besonders im Süden sei kaum noch Zugang möglich, im Norden gelten weite Teile als Evakuierungszonen. Die Lage sei vielerorts völlig unhaltbar.
Aufruf der Evangelischen Generalsynode an die Bundesregierung schon letzten Dezember
Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst erinnert Moser daran, dass im vergangenen Dezember die Generalsynode der Evangelischen Kirche A. und H.B. in einer Resolution die Bundesregierung dazu aufgerufen hatte, „sich im Rahmen ihrer Außenpolitik einzusetzen für die Freilassung der verbliebenen Geiseln, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und für die Sicherstellung humanitärer Hilfe“. Diakonie-Direktorin und der lutherische Bischof Michael Chalupka „haben angesichts der Verschärfung der humanitären Krise in den letzten Monaten wiederholt zur Hilfe für die Menschen in Gaza aufgerufen“.