Blühendes Leben
Michael Chalupka über Barbarazweige und Adventbräuche
In der nächsten Woche schneiden wir kahle Zweige von Obstbäumen, stellen sie ins Wasser und hoffen, sie zum Blühen zu bringen. Wir hoffen auf die Blüte in nasskalten Zeiten, in denen die Tage immer kürzer werden. Dieser Brauch geht auf die Legende der Märtyrerin Barbara von Nikomedien zurück, die in der katholischen Kirche und in den orthodoxen Kirchen als Heilige verehrt wird. Ihre Geschichte spielt im dritten Jahrhundert und ist eine dramatische. Die uns aber auch daran erinnert, dass auch heute noch Menschen weltweit um ihres Glaubens verfolgt werden. Barbara wird von ihrem eigenen Vater ins Gefängnis geworfen, bleibt am Weg dorthin an einem Zweig hängen, stellt ihn in der Zelle ins Wasser. Und der Zweig blüht auf in der Stunde ihres Todes. Ein Zeichen des neuen Lebens über den Tod hinaus.
Die dürren Barbarazweige, unansehnlich, scheinbar ohne Leben, werden blühen, die Knospen werden sprießen. Leben wird blühen. Wir kennen die Sehnsucht. Unsere Bräuche sprechen davon.
Die Adventbräuche, ob die Kerzen am Adventkranz oder die Barbarazweige, sind allesamt Ausdruck einer sehnsüchtigen Erwartung. Sie sagen uns: „Nur wenn das, was ist, sich ändern lässt, ist das, was ist, nicht alles.“ Aus unserem Leben soll noch mehr werden. Gott hat noch etwas vor mit uns und seiner Welt, er überlässt sie nicht dem Schmerz, dem Leid und dem Tod. In der Schönheit der Barbarazweige sehen wir unsere Hoffnung erblühen.